Party-Shots neben der Kasse – na ja…

Verführerisch stapeln sich handliche Spirituosen-Fläschchen im Supermarkt neben der Kasse. Immer wieder begegnet man Alkohol beim Anstehen im Laden. Das ist schwer bedenklich! Denn was harmlos zwischen Alltagsprodukten platziert wird, verleitet speziell Jugendliche und Menschen mit risikoreichem Alkoholkonsum, aber letztlich alle Kundinnen und Kunden zum Alkohol trinken.

2018-09-xx Party-Shots neben der Kasse
Spirituosen im Kassenbereich einer Denner-Filiale. Bild: Jugendschutz Schweiz.

Häufig wird im Supermarkt nahe der Kasse Alkohol angeboten. Besonders in Bahnhöfen und vielfach dort, wo Passantinnen und Passanten schnell ein paar Kleinigkeiten einkaufen. Meist handelt es sich um 20- bis 40-Prozentiges in kleinen Portionen. Das Brisante daran: Ware in Kassennähe wird auch Impulsware genannt. Sie soll sogenannte Spontankäufe auslösen – ein Kaufverhalten, bei dem impulsiv, scheinbar unüberlegt zugegriffen wird. Konsequenzen und Kosten werden hierbei von Kundinnen und Kunden ausgeblendet. Was mit Schokoriegeln und Kaugummis wunderbar funktioniert, soll auch mit Vodka oder Party-Shots erreicht werden.

Zielgruppe sind beispielsweise junge Menschen vor oder während dem Ausgang. Der Shot zum Mitnehmen kann als Einladung zum Vorglühen verstanden werden. Nicht selten sind im Sommer auch Halbliter-Bierdosen bei der Warteschlange platziert – für Preise weit unter einem Franken, versteht sich. Jugendliche und junge Erwachsene werden so zum Saufen animiert. Denn neben dem Preis und der Werbung ist auch die Verfügbarkeit ein entscheidender Faktor dafür, wieviel und wie häufig Alkohol konsumiert wird.

Wie aggressiv und gezielt manche Läden in Kassennähe ihre Produkte anbieten, zeigt die Diskussion um die sogenannte «Quengelzone». Wenn Kinder lange an der Kasse anstehen müssen, wird das Verlangen nach der dort angebotenen Ware immer grösser und viele Eltern werden massiv unter Druck gesetzt («Pester Power»). Bei Spirituosen wird mit derselben verkaufspsychologischen Methode Druck auf Menschen ausgeübt, die Alkohol meiden sollten.

Ausgesprochen problematisch sind solche Angebote namentlich für Menschen mit einer akuten oder ehemaligen Alkoholabhängigkeit. Bier- und Wein-Regale können vielleicht noch mit grosser Willensanstrengung gemieden werden. Aber bei der Kasse gibt es kein Vorbeikommen.
Eine Verkaufsstrategie, die auf diese Weise den Gewinn optimiert, wirft Fragen auf.

Spirituosen-Sortiment einer Bar

Darf «Smirnoff Ice» an 16-Jährige verkauft werden?

Diese Frage hören wir immer wieder bei unseren Jugendschutz-Schulungen. Beim Verkaufspersonal sorgt das Abgabealter beim Verkauf von alkoholischen Mischgetränken für Stirnrunzeln. Einerseits prangen auf Alcopop-Flaschen bekannte Spirituosen-Marken. Andererseits liegt der Alkoholgehalt meistens nur bei rund 4 bis 5 Volumenprozent und viele Bier-Sorten weisen einen höheren Alkoholgehalt auf.

Alcopopflaschen ohne Branding. Smirnoff und Bacardi.

Alcopopflaschen ohne Branding. Smirnoff und Bacardi.

Was gilt denn nun?

Die Schweiz hat sich bei der Abgabe und dem Verkauf von Alkohol für eine gesetzliche Unterscheidung zwischen gegorenem (fermentiertem) Alkohol und gebranntem (destilliertem) Alkohol entschieden. Im Lebensmittelgesetz (LMG. Art. 14) ist definiert, dass der Verkauf von Alkohol an unter 16-Jährige verboten ist. Für Spirituosen gilt ein Abgabeverbot an unter 18-Jährige. Dies ist im Bundesgesetz über die gebrannten Wasser (AlkG. Art. 41) geregelt.

Alcopops enthalten gebrannten Alkohol. Deshalb sind Abgabe und Verkauf nur an volljährige Personen gestattet.

Ist das gerechtfertigt? Schliesslich gelangen Jugendliche mit 16 Jahren auf legalem Weg bereits an stärkeren Alkohol?! Sogenannte Alcopops sind süss im Geschmack und bunt in der Aufmachung. Keine Spur vom brennenden Nachgeschmack des Schnapses. Damit richten sich Alcopops ganz gezielt an jüngere und auch weibliche Zielgruppen. Junge Menschen sollen zum Konsum von starkem Alkohol animiert werden – auch wenn die Konzentration in diesen Produkten nicht so hoch ausfällt. Durch den vielen Zucker, die Farbe und die Kohlensäure vermitteln die Getränke das Image von Party und Spass und sie umgehen ganz gezielt die natürliche Abneigung von Kindern und Jugendlichen gegenüber Alkohol.

Jugendschutz Bern konnte bei Testkäufen beobachten, dass Alcopops häufig in TakeAway-Betrieben angeboten werden. Zum Fastfood noch schnell ein eisgekühltes Alkohol-Mischgetränk – so wird es dem Kunden schmackhaft gemacht. Niemand käme aber auf die Idee, bei brütender Mittagshitze einen 3cl-Shot puren Schnaps zum Döner oder zur Pizza zu kippen! Dies entspricht in etwa derselben Alkoholmenge, die in einem Alcopop enthalten ist.

Diese gezielte Gewöhnung an harten Alkohol ist schwer bedenklich und darf nicht unterschätzt werden. Deshalb ist es absolut richtig und in Ordnung, dass Alcopops in Schweizer Läden nur an über 18-Jährige verkauft werden dürfen. Diesbezüglich bleibt noch einiges an Aufklärungsarbeit zu leisten, damit die Antwort auf die Titelfrage in den betreffenden Verkaufsstellen bekannt ist.