Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung: Knappe Kiste im Nationalrat

Die Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» wird im Nationalrat nach stundenlanger Debatte mit relativ knapper Mehrheit zur Ablehnung empfohlen. Damit verpasst die Mehrheit der grossen Parlamentskammer dem Jugendschutz einen verächtlichen Tritt. Warum das so ist, versuchen wir in diesem Blogbeitrag zu ergründen.

Politikerinnen und Politiker des Initiativkomitees gehen mit Transparenten durch eine Rauchwolke hindurch
Foto: www.kinderohnetabak.ch/medien/fotos

Am 17. März 2021 rauchten im Nationalrat die Köpfe, als über die Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» debattiert wurde. Die Vertreterinnen und Vertreter der SVP, FDP und CVP stellten sich leider fast geschlossen gegen das Anliegen, Kinder vor Tabakwerbung zu schützen. Dank ein paar Mutigen in ihren Reihen, endete die Abstimmung mit 96 zu 84 Stimmen bei 7 Enthaltungen relativ knapp (Hier das detaillierte Resultat und hier die Analyse von SRF-News). 7 mutige Politiker*innen wie Verena Herzog (SVP) oder Isabelle Moret (FDP) haben für ein JA gefehlt.

Bleibt zu hoffen, dass das Volk den Jugendschutz bei der Abstimmung höher gewichten wird, als Gewinn auf Kosten der Gesundheit. Denn sicher ist: Rauchen macht krank – schwerkrank! Die Hälfte der gegenwärtigen Raucherinnen und Raucher werden an den Folgen ihres Tabakkonsums sterben. Jahr für Jahr zählt die Schweiz somit 9’500 Tabaktote. Und Jahr für Jahr verursacht dies soziale Kosten von 4’000’000’000.- (vier Milliarden) Schweizer Franken! Aber damit nicht genug, denn Rauchen macht auch abhängig. Nikotin gehört zu den am schnellsten abhängig machenden Stoffen überhaupt. Rund 60 % der Rauchenden möchte damit aufhören.

Diese Kombination aus krankmachender und suchterzeugender Wirkung macht das Tabakrauchen so gefährlich. Insbesondere für Kinder und Jugendliche. Denn mehr als zwei von drei Raucherinnen und Rauchern haben damit vor dem 20. Lebensjahr angefangen.

Seit ca. 2011 stagniert der Anteil der rauchenden Bevölkerung in der Schweiz. Dies bedeutet, dass wenn jedes Jahr fast zehntausend Menschen an den Folgen ihres Tabakkonsums sterben, gleichzeitig auch ebenso viele mit dem Rauchen beginnen. Schnell wird klar, dass die Tabakbranche gezwungen ist, jedes Jahr neue Kundinnen und Kunden zu finden, weil ihnen die alten wortwörtlich wegsterben. So morbide das auch klingen mag, dies ist leider die knallharte Realität.

Die Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» will dem entgegenwirken. Sie fordert ein gesetzlich verankertes Verbot von Zigaretten-Werbung auf Plakaten im öffentlichen Raum. Ausserdem sollen in Zukunft auch Kinowerbung, Inserate, Festival-Sponsoring und Online-Werbung für Tabak nicht mehr erlaubt sein. Dieses Vorhaben unterstützen 28 sehr renommierte Gesundheitsorganisationen, die grossenteils mit Betroffenen einer Tabaksucht oder sogar einer tabakbedingten Krankheit zu tun haben.

Die Initiative will somit eine verführbare und vulnerable Bevölkerungsgruppe schützen. Liebe Bevölkerung und liebe Politiker*innen: Selbst wer ausschliesslich wirtschaftlich denkt; Der Schutz der liberalen Wirtschaftsfreiheit kann niemals höher gewichtet werden als die horrenden sozialen Kosten, die Tabakrauchen JEDES JAHR verursacht. Ach ja, und da sind ja auch noch die 26 Tabaktoten jeden Tag, Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr! Bitte hören Sie für einmal auf Ihr Gewissen, denken Sie an zukünftige Generationen und setzen Sie sich für echten Jugendschutz ein. Vielen Dank.

Quellen:

Der Werbung für Alkohol- und Tabakprodukte auf der Spur

Werbung ist allgegenwärtig: Auf Plakaten und Bildschirmen, in Busen und Zügen, im Internet, selbst ganze Hauswände werden dafür verwendet. Dieser Flut auszuweichen ist beinahe unmöglich. Werbung funktioniert. Um ein Produkt verkaufen zu können, muss man es bewerben. Ohne Werbung wird ein Produkt kaum wahrgenommen.

Deshalb bewerben auch die Alkohol- und die Tabakindustrie ihre potentiell gesundheitsgefährdenden und süchtig machenden Erzeugnisse. Dies ist schwer bedenklich! Zumal diese Werbung auch an Kinder und Jugendliche gelangt oder sogar speziell auf sie zugeschnitten wird. Je früher eine Person Suchtmittel konsumiert, desto grösser ist das Risiko einer Sucht im erwachsenen Alter. Dieser Fakt wird schamlos ausgenutzt. Beispiel Tabak: Mehr als ein Viertel (26.5%)1 der gesamten Schweizer Bevölkerung hat vor dem zwanzigsten Lebensjahr täglich geraucht. Betrachtet man nur die Personen, die täglich rauchen, sind es sogar fast zwei Drittel (65,2%)1 die vor dem zwanzigsten Lebensjahr damit begonnen haben.

Junge Menschen sind eine besonders attraktive Zielgruppe der Tabakindustrie. Macht man sie zu Raucherinnen und Rauchern, kann man ihnen über sehr lange Zeit Zigaretten und andere Tabakwaren verkaufen. Dies ist die traurige Realität.

Werbung für Alkohol und Tabak ist in der Schweiz ein Stück weit reglementiert. Nicht alles ist erlaubt. Jedoch sind die Gesetzesartikel teilweise sehr schwammig und in die Jahre gekommen. Zudem gibt es namentlich beim Tabak kantonale Unterschiede. Eine Übersicht über geltende Regeln liefert unsere ausführliche Informationsbroschüre (s. 13) zum Jugendschutz.

Jede Woche liefert die Coop-Zeitung ausgedehnte Alkoholwerbung in rund 2,5 Millionen3 Schweizer Haushalte. In der aktuellen Ausgabe der Coop-Zeitung4 sind 8x Wein, 1x Prosecco, 1x Bier und 4x Spirituosen abgebildet. Ausserdem sind ein 24-seitiges Weinmagazin und der aktuelle Aktions-Prospekt mit weiteren 16 Alkoholanzeigen beigelegt. Mit Werbung für alkoholische Getränke lässt sich offensichtlich ein lukratives Geschäft ankurbeln. Auch Denner, Lidl, Spar, Aldi und Co. stehen diesbezüglich kaum zurück.

Inserat_Coopzeitung
Bild: Inserat Coop-Zeitung (Ausgabe Nr. 22 vom 29. Mai 2018)

Im Fall von Tabak wird eine einheitliche Regelung zurzeit im Rahmen des neuen Tabakproduktegesetzes diskutiert. Im neusten Entwurf hat man sich jedoch leider von einem wirksamen Verbot für Tabakwerbung distanziert. Das ist sehr schade, stehen doch zahlreiche Menschenleben auf dem Spiel. Die gesundheitlichen Kosten für die Gesellschaft sind enorm, sie betragen allein in der Schweiz jährlich mehr als 5 Milliarden Franken2! Ein kleines Zeichen gegen diesen Missstand kann mit der eidgenössischen Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» (www.kinderohnetabak.ch) gesetzt werden.

Der heutige «Welttag ohne Tabak» bietet eine passende Gelegenheit, die Initiative zu unterschreiben. Danke für Ihre Unterstützung!

Quellen:

  1. CoRolAR – Anteil der Personen, die vor ihrem 15., 18. respektive 20. Geburtstag angefangen haben, täglich zu rauchen, Total und nach Alter (2016)
    http://www.suchtmonitoring.ch/de/1/2-3.html?tabak-inzidenz-beginn-regelmassiger-konsum
  2. BAG (Bundesamt für Gesundheit), Zahlen & Fakten zum Tabak
    https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/service/zahlen-fakten/zahlen-fakten-zu-sucht/zahlen-fakten-zu-tabak.html
  3. Aktuelle Auflage der Coop-Zeitung
    http://www.coopzeitung.ch/Werbung
  4. Coop-Zeitung, Ausgabe Nr. 22 vom 29. Mai 2018
    http://epaper.coopzeitung

Welttag ohne Tabak: Weniger Werbung für Tabakprodukte

Gastbeitrag Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz:

Am Welttag ohne Tabak vom 31. Mai setzt sich die Weltgesundheitsorganisation für mehr Tabakprävention ein. In sehr vielen Ländern gewinnen umfassende Werbeverbote an Boden. Nur in der Schweiz haben die Interessen der Tabakkonzerne oft noch Vorrang vor der öffentlichen Gesundheit.

Die Weltgesundheitsorganisation hat dieses Jahr den Welttag ohne Tabak unter das Motto «neutrale Verkaufspackungen für Tabakwaren» gestellt. Die Wahl des Mottos zeigt, dass simple Verbote für Plakat- und Printwerbung, Verkaufsförderung und Sponsoring von Tabakprodukten in den meisten Ländern bereits eingeführt und folglich kein Thema mehr sind. In der Schweiz ist dies nicht der Fall. Sie läuft Gefahr, den Anschluss an eine zeitgemässe Gesetzgebung zu verlieren.

Am 9. Juni beginnt im Ständerat die Debatte über den Entwurf des Bundesrates für das Tabakproduktegesetz. Deshalb übergibt die Allianz für ein starkes Tabakproduktegesetz heute den Mitgliedern des Ständerates Exemplare des Lifestyle-Magazins «Friday». Darin wurde die Tabakwerbung extra markiert. So sehen die Ratsmitglieder, wie in der Schweiz die Tabakwerbung sich direkt an Jugendliche richtet.

Entweder lassen sich die Mitglieder des Ständerates auf eine offene Debatte über das neue Tabakproduktegesetz ein. Oder sie folgen dem Antrag einer knappen Mehrheit der vorbereitenden Kommission und weisen das Gesetz an den Bundesrat zurück. Doch die Fakten sprechen für mehr Werbeeinschränkungen, erklärt die Allianz für ein starkes Tabakproduktegesetz. Denn Kinder und Jugendliche sind täglich gezielter Werbung für das Suchtmittel Nikotin ausgesetzt.

Während eines Wochenendtages mit Abendausgang werden Jugendliche mit durchschnittlich 68 tabakfreundlichen Reizen konfrontiert. Dies belegt die Studie zur Beobachtung der Marktetingstrategien für Tabakprodukte in der französischen Schweiz. 39 Prozent der Verkaufsstellen platzieren Tabakwaren oder Tabakwerbung neben Süssigkeiten oder Kaugummis. 84 Prozent der Bars, Kneipen und Discos werben für Tabakwaren.

Mit dem Tabakproduktegesetz hat es der Ständerat in der Hand, den Interessen der Tabakkonzerne einen Riegel zu schieben. Eine weitere Förderung der Tabakwerbung hingegen schadet der Schweiz. 9500 Menschen sterben jedes Jahr an den Folgen des Tabakkonsums. Das Rauchen kostet unsere Gesellschaft jährlich rund 10 Milliarden Franken.

Die Allianz für ein starkes Tabakproduktegesetz ist eine Initiative von Krebsliga Schweiz, Lungenliga Schweiz, Schweizerische Herzstiftung, Sucht Schweiz und Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz. Bis heute haben sich über hundert Organisationen der Allianz angeschlossen.

Kontaktperson: Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention: Thomas Beutler, wissenschaftlicher Mitarbeiter, +41 31 599 10 20

Pfirsich-, Erdbeer- oder Vanillegeschmack – E-Zigaretten sollen Jugendliche zum Rauchen verführen!

In der Freizeit ziehen Schülerinnen und Schüler an den Dampfstängeln, um die verschiedenen Aromen zu testen und sich dabei so richtig erwachsen zu fühlen. Kein Wunder sind diese fruchtig-bunten Produkte mit wohlklingenden Namen wie „blue balls“, „fantasia“ etc. heiss begehrt. E-Zigaretten entwickeln sich zum neuen Lifestyle-Produkt von Kindern und Jugendlichen.

Aktuell dürfen nikotinfreie E-Zigaretten in der Schweiz ohne Altersbegrenzung verkauft werden. Der Verkauf von nikotinhaltigen E-Zigaretten ist verboten, jedoch die Einfuhr aus dem Ausland für den Eigengebrauch erlaubt. Ob mit oder ohne Nikotin können die Inhaltsstoffe die Gesundheit gefährden. Das mittels Dampf eingeatmete Aerosol enthält ultrafeine Partikel und gelangt durch die Einatmung bis in die tiefen Regionen der Lunge, den Alveolen. Die Inhaltsstoffe können kurzfristig zu Atemwegsreizungen führen. Besonders bei Kindern und Jugendlichen wird die Entwicklung der Lunge auf diese Weise beeinträchtigt. Kommt dazu, dass mit E-Zigaretten das Rauchritual eingeübt wird und damit die Gefahr einer psychischen Abhängigkeit besteht. Es ist offensichtlich, dass Kinder und Jugendliche damit zum Umsteigen auf herkömmliche Zigaretten verführt werden sollen.

Die aktuelle Situation ist für die Umsetzung des Jugendschutzes mehr als unbefriedigend. Möglichst schnell sollten klare Regeln verhindern, dass diese Produkte am Kiosk neben Kaugummi und Süssgetränken angeboten werden dürfen. Zurzeit ist das neue Tabakproduktegesetz in Bearbeitung. Es sieht vor, dass in der Schweiz in Zukunft auch nikotinhaltige E-Zigaretten verkauft werden dürfen, jedoch für sämtliche E-Zigaretten (mit und ohne Nikotin) das Mindestverkaufsalter von 18 Jahren gilt. Das Gesetz wird voraussichtlich nicht vor 2018 in Kraft treten. Bis dahin wünscht sich jugendschutzbern.ch von sämtlichen Verkaufsstellen, freiwillig auf den Verkauf von E-Zigaretten an Personen unter 18 Jahren zu verzichten – der Gesundheit unserer Jugend zuliebe!

Logo Lungenliga

Gastbeitrag von Sonja Bietenhard: Der Jugendschutz im Zentrum des neuen Tabakproduktegesetzes

Die Gesundheitsorganisationen kennen die Realität der chronisch Kranken, weil sie sie täglich betreuen. Die Lungenliga zum Beispiel begleitet und pflegt mehr als 80‘000 Patientinnen und Patienten in der ganzen Schweiz. Die chronisch obstruktive Lungenkrankheit COPD aber auch Lungenkrebs, Krebs der Mundhöhle und des Kehlkopfes sowie Herz-/Kreislauferkrankungen: All diese Krankheiten haben gravierende Auswirkungen auf die Lebensqualität und eine klare Reduktion der Lebenserwartung für Betroffene zur Folge. Die Entstehung von Lungen- sowie Herz-/Kreislauferkrankungen hängt mit verschiedenen Faktoren zusammen. Das Rauchen ist jedoch ganz klar Risikofaktor Nummer eins. Über 90% der Personen, die an einer COPD oder an Lungenkrebs erkranken, rauchen oder haben geraucht.

Tabak macht krank und tötet. In der Schweiz sterben 210 Personen (25 pro Tag, 9‘000 pro Jahr) vorzeitig an den Folgen des Tabakkonsums. Einer von zwei Menschen stirbt an den durch Tabakkonsum verursachten Gesundheitsschäden.

Um gegen diese Tabakepidemie zu kämpfen ist es klar, dass es in erster Linie zu verhindern gilt, dass Menschen mit dem Rauchen beginnen. Die meisten Rauchenden haben in jungen Jahren mit dem Tabakkonsum begonnen. Sechs von 10 Rauchenden haben vor ihrem 18. Lebensjahr mit dem Rauchen begonnen (8 von 10 vor ihrem 21. Lebensjahr). Die Wahrscheinlichkeit, nach diesem Alter noch mit dem Rauchen zu beginnen, ist sehr klein.

Während der Adoleszenz befindet sich der Körper im Wachstum. Die Lungen sind erst im Alter von ca. 20 Jahren ausgereift. Jugendliche, die mit dem Rauchen beginnen, tragen ein hohes Risiko, dass ihre Lungen nie die maximale Grösse und die volle Kapazität entwickeln. Dieselben Jugendlichen entwickeln auch sehr früh Herz-/Kreislaufprobleme. Diese Schäden sind irreversibel. Der Tabakrauch enthält ca. 4‘000 Substanzen. Die meisten von ihnen sind hoch giftig, viele sind krebserregend. Dieses Giftgemisch verursacht in den Atemwegen dauerhafte Gesundheitsschäden. Wir dürfen nicht vergessen: Je früher man mit dem Rauchen beginnt, desto schwieriger ist es, damit aufzuhören.

Es ist eine beängstigende Tatsache: im letzten Jahr haben 7% der 15jährigen täglich geraucht (6‘000). Im Jahr 2013 rauchten von den 15 – 17-Jährigen bereits 18%. Der Anteil Rauchender bei den 15 – 25-Jährigen beträgt einen Drittel. Es ist klar und eindeutig: die heute geltenden Tabakpräventionsmassnahmen genügen nicht. Es braucht zusätzliche Massnahmen, damit Jugendliche nicht mit dem Rauchen beginnen. Der Jugendschutz rechtfertigt diese weitergehenden Massnahmen.

Gemäss WHO sind 78% der Jugendlichen zwischen 13 und 15 regelmässig in Kontakt mit Tabakwerbung. 39% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 15 und 25 Jahren geben an, Promotionsgeschenke der Tabakindustrie erhalten zu haben. Eine in Deutschland durchgeführte Studie hat gezeigt, dass Jugendliche, die in starkem Masse der Tabakwerbung ausgesetzt sind, haben eine um 46% grössere Wahrscheinlichkeit, mit dem Rauchen zu beginnen als solche, die der Werbung weniger ausgesetzt sind.

Nur reine umfassende und strikte Regulierung von Tabakprodukten trägt dazu bei, die Anzahl Jugendlicher, die mit dem Rauchen beginnen, zu reduzieren. Der vorliegende Entwurf des Tabakproduktegesetzes genügt dafür nicht. Es ist zum Beispiel absurd, das Sponsoring nur für internationale Anlässe einzuschränken. Es ist bekannt, dass die Festivalgäste (insbesondere bei Open Airs) hauptsächlich Jugendliche und junge Erwachsene sind. An diesen Anlässen werden ihnen Gratiszigaretten offeriert, um die totale Freiheit zu spüren. Was für ein Glück, sich an solchen warmen und unterhaltenden Abenden frei und erwachsen zu fühlen. Nur leider hat der Akt des Rauchens nichts mit Freiheit zu tun.

In diesem Bereich stellt sich sofort die Frage, wie diese Festivals ohne die Unterstützung der Tabakindustrie überleben können. Mehrere Beispiele zeigen jedoch, dass Festivals auch ohne das Geld der Zigarettenhersteller existieren und sich dabei sogar weiterentwickeln können. Das Filmfestival in Locarno verzichtet bereits seit 10 Jahren auf dieses Geld ohne zu leiden. Ebenso das grösste Schweizer Festival „Les six pompes“ in Neuchâtel. Im Gegenteil: Die Lungenliga hat ihre Beteiligung an diesem Anlass über Jahre zugesichert und ist dort mit gezielten Präventionsaktivitäten präsent. Im vergangenen Sommer (2014) hat die Lungenliga eine Umfrage bei den Besuchenden des Paléo Festivals in Nyon durchgeführt, um zu erfahren, ob diese auch bereit wären, den Grossteil der Preisdifferenz zu bezahlen, wenn die Festivalorganisation auf das Geld der Tabakindustrie zu verzichten. Nun: 71% der Befragten stimmten dieser Idee zu. Ein starkes Signal, das Hoffnung weckt.

Das Hauptziel des neuen Tabakproduktegesetzes muss die Gewährleistung des Jugendschutzes sein und somit dazu beitragen, die Anzahl jugendlicher Rauchenden zu reduzieren. Es ist unerlässlich, dass eine kohärente Gesetzgebung im Tabakbereich Einschränkungen beinhaltet. Gerechtfertigte und unumgängliche Einschränkungen, damit Jugendliche nicht mehr durch raffinierte und beeinflussende Methoden, die zurzeit erlaubt sind, zum Rauchen verführt werden. Andere Länder (Norwegen, Finnland, Canada, Frankreich) zeigen, dass Werbeeinschränkungen für Tabakprodukte – nebst dem Preis – ein wirksames Mittel zur Reduktion des Tabakkonsums darstellen. Um den Jugendschutz zu gewährleisten und die Gesundheit wirksam zu schützen braucht es eine strikte Regulierung. Nur so können wir verhindern, dass die Rauchenden von heute unsere Patientinnen und Patienten von morgen werden!

Sonja Bietenhard
Direktorin der Lungenliga Schweiz

Dieses Referat hielt Sonja Bietenhard an der Medienkonferenz „Kinder und Jugendliche schützen: Für ein umfassendes Verbot von Tabakmarketing“ am 24.03.2015 in Bern. Es gilt das gesprochene Wort. Die dazugehörige Medienmitteilung sowie die Referate können auf der Website der Lungenliga Schweiz aufgerufen werden