Lange Zeit orientierte sich die Fachwelt an den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für einen moderaten Alkoholkonsum: mehrmals pro Woche ein paar Gläser waren «erlaubt». Neu sagt die WHO: Es gibt beim Alkoholkonsum keine gesundheitlich unbedenkliche Menge. Schon das erste Glas ist schädlich. Egal, ob es sich dabei um Wein, Bier oder Spirituosen handelt. Weniger ist also mehr, was die Gesundheit betrifft.
Die neuesten Daten der WHO deuten darauf hin, dass die Hälfte der dem Alkohol zurechenbaren Krebsfälle in Europa durch „leichten“ bis „moderaten“ Alkoholkonsum (weniger als 1 Liter Wein oder weniger als 2 Liter Bier oder weniger als 250 Milliliter Spirituosen pro Woche) verursacht werden.
Die WHO stellt klar fest, dass der gegenwärtige Wissensstand nicht auf die Existenz einer Schwelle hindeutet, an der die krebserregenden Wirkungen des Alkohols «einsetzen» und sich im menschlichen Körper manifestieren. Und es gibt keine Studien, die potenzielle positive Wirkungen eines leichten bis mässigen Alkoholkonsums belegen.
Die neusten Erkenntnisse zeigen, dass – egal, wie viel man trinkt – das Risiko für die Gesundheit schon beim ersten Glas Alkohol beginnt. Zudem ist klar, dass die Wirkung umso schädlicher wird, je mehr man trinkt. Wer die Wahrscheinlichkeit für ein gesundes physisches und langes Leben möglichst hochhalten möchte, trinkt am besten möglichst wenig Alkohol.
Bisher ist das Blaue Kreuz für den Alkoholkonsum den mengen- und risikoorientierten Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit BAG gefolgt, und diese wiederum jenen der WHO. Aufgrund der neuen Empfehlungen hat das Blaue Kreuz seine eigenen Empfehlungen den neuen Erkenntnissen angepasst: Empfehlungen Blaues Kreuz zum Alkoholkonsum.
Gesundheitsbewusstsein liegt im Trend
Die Empfehlung einer Konsumreduktion, unabhängig von der Menge, reiht sich ein in aktuelle anderweitige Empfehlungen zu gesundheitsförderlichen Verhaltensweisen. So ist es am besten, nicht zu rauchen, möglichst wenig Fleisch zu essen, dafür viel Gemüse; körperliche Bewegung zu fördern sowie Übergewicht zu reduzieren.
Das Leben ohne Alkohol ist genauso spannend und der Körper selbst braucht keinen Alkohol. Selbst wenn in unserem Kulturkreis für viele der Genuss von einem guten Glas Wein mit guter Gesellschaft und gutem Essen verbunden wird. Auch ohne Alkohol können anregende, inspirierende oder lustige Gespräche stattfinden. Man sollte sich bewusst machen, warum man Alkohol trinken möchte. Geht es um das Glas Wein, das man geniessen will, oder darum negativen Gefühlen zu entkommen. Wenn es nur noch gelingt, sich unter Alkoholeinfluss gut zu fühlen, dann sollte man sich Gedanken machen.
Konsumreduktion oft schon hilfreich
Viele Menschen, die Alkohol konsumieren, bewegen sich in einem moderaten Konsum, so dass sie kaum je im Leben professionelle Hilfe benötigen. Und die Wirkung der neuesten WHO-Empfehlung dürfte bei dieser Gruppe zur Aufklärung beitragen, vielleicht auch zu einer Verhaltensänderung.
Missbraucht man Alkohol, braucht man mit der Zeit bei einem regelmässigen Konsum zur Entspannung immer grössere Mengen, um denselben Effekt zu erzielen. Dadurch gelangt man dann bereits in ein Abhängigkeitsverhältnis, vor allem wenn man keine anderen Entspannungsmethoden mehr anwendet.
In der Praxis ist es so, dass sich Menschen beim Blauen Kreuz melden, die über viele Jahre immer mehr Alkohol getrunken haben und selbst spüren, dass der Konsum negative Auswirkungen auf ihr tägliches Leben erlangt hat. Nicht zu vergessen sind die Auswirkungen auf das soziale Umfeld.
In solchen Fällen geht es nicht nur um das Glas Wein oder Bier am Abend, sondern hier spricht man von Konsummengen, die sich im hohen riskanten Bereich bewegen. Hier ist es oft schon sehr hilfreich, wenn der Konsum auf eine geringere Menge reduziert werden kann. Aus medizinischer Sicht mag der Konsum immer noch risikoreich sein, aber aus suchttherapeutischer Sicht ist dies bereits ein grosser Erfolg und der erste Schritt zu einem längerfristig abstinenten oder mindestens risikoärmeren Konsum.
Grundsätzlich gilt: für die Gesundheit und zur Konsumreduktion empfiehlt sich, für eine gewisse Zeit gar nichts zu trinken. Eine befristete Abstinenz ist nicht nur für den Körper und die Psyche gesund, sondern hilft dabei, neue Gewohnheiten zu entwickeln, oder auch zu erleben, wie gut ein Leben ohne Alkohol möglich ist. Und wer kann, verzichtet am besten ganz auf Alkohol.

Foto: Blaues Kreuz Bern-Solothurn-Freiburg (Drinks: Amarelo, Very Berry, Twicy)
Dieser Beitrag wurde erstellt mit freundlicher Genehmigung des Blauen Kreuzes Zürich, Autor Patrick Jola.
Links:
Alkoholfreie Drinks: Blue Cocktail Bar
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